Überraschende Emotionen auf dem Treff-Camp

„Feel it!“fünf Hornissenstiche, ein Kreuzbandriss, Dauerregen – das konnte doch nicht damit gemeint sein…! „Feel it!“ – das war unser Campthema. Und der Wunsch, mit den jungen Erwachsenen aus unserem Treff in der Neustadt über Gefühle ins Gespräch zu kommen, sie wahrzunehmen und mit ihnen verbundene Bedürfnisse und Gedanken zu erkennen. Geplant war eine erlebnispädagogische Aktion, mit der wir starke Gefühle provozieren. Doch es waren ganz andere Momente, in denen sich die Gefühle viel intensiver zeigten:

In einer kreativen Austauschrunde malte jeder ein Bild über sein persönliches Ergehen in der Corona-Zeit, und als unser syrischer Freund uns sein Kunstwerk zeigte, erzählte er, dass Gefühle wie Trauer und Wut für ihn nicht mehr fühlbar seien, weil der jahrelange Krieg sein Herz verschlossen habe. Über diese schlimme Ungerechtigkeit und die Ohnmacht darin wurden von anderen aus der Runde Tränen vergossen und viele Fragen aufgewirbelt – über das, was im Leben eigentlich wichtig ist und was denn wirklich große Probleme sind.

Als ein Campbesucher von mehreren Hornissen teils auch in den Kopf gestochen wurde und ein Krankenwagen kommen musste, wurden Mitgefühl, Sorge und das Gefühl von Gemeinschaft stark spürbar. Ebenso wie bei einem Kreuzbandriss bei einem jungen Mann, der sich gefühlt zu jedem Camp ernsthaft verletzt. Bei ihm selbst sorgte das Erlebnis zudem für Ärger, Frust, Aufgeben, Weiterkämpfen, aber auch sich durch liebevolle Begleitung beschenkt fühlen und Hoffnung finden.

Auch Leichtigkeit und Spaß kamen nicht zu kurz. Abwasch bei Lieblingsmusik und stundenlange Spieleabende ließen uns abtanzen, freudig mitfiebern und herzlich lachen. Eine Paddeltour in unglücklicher Bootsbesetzung dagegen bescherte erst einmal schlechte Laune. Das Bezwingen eines Klettersteigs wiederum das beglückende Erfolgserlebnis, etwas Unvorstellbares zu erreichen.

Bei einer exklusiven Männer-Runde rollten Tränen der Dankbarkeit. Ein Film öffnete Fragen über Glauben und Leid. Eine junge Mama, die mit uns Bibel lesen wollte, fühlte sich zugleich inspiriert und überfordert angesichts unseres ungeheuerlich groß erscheinenden Hintergrundwissens. Und am letzten Abend überraschte uns ein Teilnehmer damit, dass er so gerne ein Leben mit Jesus leben wolle – eine Riesenfreude! Ihn hatten wir gar nicht bewusst auf dem Schirm gehabt.

Das völlig ungeplante, emotionale Highlight des Camps war für viele ein Komplimente-Abend. Sieben Teilnehmer hatten sich zum Frühstück der Herausforderung gestellt, bis zum Ende des Tages zu jedem Teilnehmer und Mitarbeiter ein Kompliment zu finden. Diese sollten dann am Abend in großer Runde einem jeden zugesprochen werden. Nicht nur, dass sie mit so unglaublich viel Respekt und Liebe wirklich treffende und wertschätzende Worte für jeden fanden und zum Ausdruck brachten, was er ihnen bedeutete. Was eine halbe Stunde des Abends einnehmen sollte, wurde zu drei Stunden intensiver Gemeinschaft. Niemand hätte das so planen und durchführen können. Dass bis in die Nacht hinein, bis zur letzten Person hin, Konzentration und Ruhe da waren, damit wirklich jeder zu seinen wertschätzenden Worten kommt – das grenzt in jeglicher Konstellation von Menschen an ein Wunder. Doch so etwass passiert, wenn der Heilige Geist da ist und Gemeinschaft schenkt, damit etwas Tiefgreifendes für jedes Herz passieren kann: Gottes Liebe ausgesprochen für jeden. Und das von ihnen selbst – untereinander. Besser konnte es nicht werden und wir spürten: Gott selbst wirkt gerade unter uns.

Zum Abschluss bleibt noch ein Zitat eines Teilnehmers, der sich vor einigen Jahren mit Gott auf den Weg gemacht, sich dann aber wieder distanziert hatte. Inzwischen lässt er sich vorsichtig wieder auf unsere Gemeinschaft ein: „Mich nervt der Heilige Geist durch jeden von euch. Das ist echt anstrengend. Aber eigentlich auch gut.“

– von Lisa Bernstein. Sie leitet den Treff mit Herz und Seele und liebt es, Menschen einen Raum zu geben, in dem sie einfach sein können, so wie es ihnen gerade geht.