Zwei verschiedene Typen - zwei Interviews

Teil 1: Tobias Liebig

Tobias, in deiner langen Geschichte mit Stoffwechsel hast du viele Mitarbeiter und Besucher kennengelernt. Wie hast du sie erlebt?

Ja, als ich als Kind damals hierher kam, fand ich es so schön, dass die Mitarbeiter nicht auf mich herabgeschaut haben, sondern mir mit Wertschätzung gegenübergetreten sind. Sie haben geschaut, was für Gaben ich habe und mich ermutigt. Das ist bis heute so. Jeder kann sich hier mit seinen Gaben einbringen – und das belebt auch das Haus. Es kommen ja ganz verschiedene Leute hierher und dabei finde ich es so cool, dass uns eine Sache immer verbindet – die Beziehung zu Gott. Dadurch entsteht sofort ein anderes Miteinander. Ganz unterschiedliche Leute mit verschiedenen Charakteren kommen aus ganz verschiedenen Gemeinden und Orten, um hier Gott zu dienen. Jeder bringt ein, was er hat. Das finde ich cool, das macht Vielfalt aus. Mit einem eckt man an, mit dem anderen versteht man sich richtig gut. Aber das hilft sich weiterzuentwickeln. Du nimmst von jeder Person irgendwas mit, irgendwas bleibt in Erinnerung und hinterlässt einen bleibenden Eindruck.

Ein Mitarbeiter mit dem du anfangs auch eher angeeckt bist, war Matthias. Wie war das, als er in den Treff kam?

Matze habe ich am Anfang gar nicht so richtig wahrgenommen. Er sah für mich komisch aus, war klein und nicht so dominant, wie ich es von einem Kerl kenne. Als er reinkam, habe ich gedacht: „Was ist denn das für einer?“. Einmal waren wir Fußballspielen und irgendeine Situation hat mir gestunken. Ich war so sauer. Matze hat versucht mich zu bändigen, ohne Erfolg. Ich habe ihm dann irgendwelche Worte an den Kopf gehauen und bin ihn richtig angegangen. Auch später gab es immer wieder Punkte, in denen wir nicht einer Meinung waren, weil ich meinen Gefühlen mehr Raum gegeben habe, ohne Ruhe zu bewahren. Wenn wir beim Mentoring nicht einer Meinung waren, dann habe ich auch oft gesagt: „komm lass mich in Ruhe“ und bin weggegangen, weil ich keinen Bock hatte.

Du hast dich dennoch dazu entschlossen, ihn immer wieder als Mentor zu suchen…

Ich habe einfach gemerkt, dass ich jemanden zum Reden brauche. Ich denke es lag an seiner ruhigen und sensiblen Art, bei der ich dann doch merkte, dass er mich versteht. Matthias gab mir viele Ratschläge und ich habe immer versucht, sie umzusetzen. Ich wollte ihm gefallen. Wir haben dann auch darüber gesprochen, dass er das nicht so gut fand. Es gab aber auch Momente, in denen ich keine Lust mehr auf Mentoring hatte, da er Sachen sagte, die mir wehgetan haben, wo er aber im Endeffekt Recht hatte.

Wie ist eure Beziehung heute? Was verbindet euch?

Unsere gemeinsame Grundlage ist Sport und sich über das Leben mit Gott auszutauschen. Wir dürfen offen und ehrlich miteinander sein – das war nicht immer so. Ich glaube für mich ist er wie ein Kumpel, mit der Erlaubnis, als „Erziehungsberechtigter“ in mein Leben zu sprechen. Ich erzähle ihm wirklich alles, obwohl ich ja nicht dazu verpflichtet bin. Das kommt von mir, aus Überzeugung und im Vertrauen. Gleichzeitig bewahren wir eine gewisse Distanz, sonst rutscht er schnell in eine Vaterrolle hinein. Er hat meine Entwicklung, die Höhen und Tiefen miterlebt und es ist eine gewisse Bindung da, das kann man nicht mehr auslöschen.

Wenn du heute mal – mit Matze oder anderen – aneckst, wie denkst du darüber?

Ich sehe das als Teil des Gesamtpaketes, denn dadurch habe ich einiges gelernt und mein Horizont hat sich erweitert. Ich verstehe Sachen besser, auch mich selbst. Es waren oft krasse Herausforderungen, aber irgendwann habe auch verstanden, dass das Gottes Wege sind. Ich wünsche mir nie, mit jemandem nicht klar zu kommen. Aber ich glaube, Gott nimmt das als Werkzeug, um uns charakterlich zu formen. Wir entwickeln uns alle gegenseitig, weil wir uns begegnen. Das ist herausfordernd, aber auch schön.

Danke Tobias, für diesen ehrlichen Einblick!

 

(Das Interview führte Tessa-Mathilde Weber)