trotz Verlierer-Voraussetzungen

Fabian hat erlebt, wie man trotz schwieriger Voraussetzungen mit einer Siegermentalität leben kann. Der 17-Jährige war diesen Sommer als Team-Captain und Küchenmitarbeiter auf zwei Deutsch-amerikanischen Sport- und Sprachcamps. Am Jugendtreff begrüßt mich ein souveräner, junger Mann mit betont lässigem Körper-Handschlag. Fabian hat eine mega-sympathische Ausstrahlung – sportlich, groß, mit Basecap und leuchtenden Augen beginnt er zu erzählen.

Er erzählt von seiner Familie, seinen zwei Halbgeschwistern und seinen Eltern und ist super dankbar für das, was er alles von ihnen gelernt hat. Doch er verschweigt auch nicht das Schwere – den Konflikt mit seiner geistig behinderten Adoptivschwester; den Alkohol, der das Verhältnis zum Vater belastet; den Streit der Eltern, für den er sich als Kind verantwortlich fühlte; und dass er als Kind von Klassenkameraden wegen seines Aussehens und Gewichtes gemobbt wurde – man glaubt es kaum, wenn man ihn vor sich sieht. „Das war, bevor ich beschloss, Sport zu machen und“ – wie er augenzwinkernd meint – „nur noch ein statt fünf Eis am Tag zu essen.“

Fabian, mich interessiert, wie Du solche und andere Schwierigkeiten überwindest. Du warst schon das dritte Mal beim DASS-Camp dabei. Was fasziniert dich daran?

Also, wenn ich es in einem Wort beschreiben müsste, dann ist es einfach nur: Liebe. Als ich das erste Mal da war, kam sofort jemand auf mich zu und sagte: „Ey cool, dass du da bist, ey wer bist du, wie geht’s dir? Wollen wir ’ne Runde Football spielen?“ Man wird hier einfach angenommen – egal wer du bist, wo du herkommst. Jeder findet seinen Platz, jeder kann sich einbringen. Das ist super cool und macht riesig Spaß, anderen dabei zuzugucken. Versteckte Potentiale sehen und herausholen – das macht das DASS-Camp einzigartig, glaube ich.

Du hast dieses Jahr als Captain eines der Teams eine ganze Woche lang durch die Wettkämpfe geführt. Das war nicht unbedingt einfach. – Wie ging es dir damit?

Ja, als ich meine Teamauswahl mit ganz vielen Neuen und Kleinen erfuhr, dachte ich: Na toll, das soll fair sein? Dann hab ich versucht, schnell positiv zu werden: Ich hatte sie ja noch nie spielen sehen, vielleicht wird es ja übelst cool mit kleinen und wendigen Leuten… – Doch es war eine sehr harte Woche für mich. Ich hab gemerkt, wie schnell ich alleine an meine Grenzen komme und es nicht schaffen kann, ein Team zu führen, wenn ich noch nicht mal selbst voll und ganz hinter dem Team stehe. Es hat mir Kraft gegeben, dass ich immer in dem Bewusstsein war: Gott ist da. Ohne Gott wäre ich „tot“ gewesen, schon am zweiten Tag. Er war mein Auftank-Ort.
So konnte ich auch meinen Leuten Mut machen. Es war dann krass, zu sehen, wie mein Team weiter gekämpft hat und das hat mir zusätzlich Kraft gegeben. Es ging gar nicht mehr darum, dass wir irgendwas gewinnen müssen. Der Sieg auf dem Spielfeld war nicht mehr so wichtig. Wir haben unser Bestes gegeben, aber plötzlich wurden andere Dinge wichtig. Zusammenhalten, gemeinsam hoffen, beten – die ganze Gruppe hat ihren Glauben neu entdeckt. Das war ein ganz anderer Sieg. Und ich habe erlebt, wie einzelne über sich hinausgewachsen sind, was ihnen vorher niemand zugetraut hätte. – Wenn man etwas sät, dann wächst auch etwas.

Was bedeutet dieses „Säen“ für dich und woher nimmst du das?

Ich find‘ es wichtig, wenn man was in jemandem sieht, ihm zu sagen: „Ey, willst du das nicht mal versuchen? Ich glaub, dass du das gut kannst!“. Ohne Selbstbewusstsein wird das niemand von alleine tun. Deshalb wird ein „Ey versuch‘s doch, ich glaub, dass du das schaffst!“ eine große Wirkung haben. Ich glaube, das hat so auf mich „abgefärbt“: Wenn man selber weiß, wie gut das tut, dann gibt man das auch weiter. So ganz kleine Sachen wie „Ey, nice, geiles T-Shirt“ oder so.

Das ist mir einfach ein Herzensanliegen geworden. Was nicht von Herzen kommt, wird auch keine Wirkung zeigen. Aber wenn es von Herzen kommt, dann glaube ich, dass da ganz viel passieren kann. Ich glaube, dass wir gar nicht die großen Reden machen müssen vor dreitausend Leuten, sondern dass es im Kleinen anfängt.

Vielen Dank, Fabian, für deinen mutmachenden Blick auf andere!

(Alexander Türk)